Die Welt hinter den Formen

Eckhart Tolle spricht von Formen. Er meint damit alles, was in der newtonsch-physischen Welt sinnlich erfahrbar ist. Alles, was man anfassen kann, alles, was in Zeit und Raum direkt wahrnehmbar ist. Das sind natürlich sämtliche Gegenstände, aber auch alles, was gesagt, getan und gedacht wird.

Alle Formen finden in der Welt der Formen statt, unserer ganz normalen Alltagswelt. In dieser Welt verbringen die meisten Erwachsensen Menschen den Großteil ihrer Zeit, oft in der irrigen Annahme, dies wäre die einzig existierende Welt.

Es gibt aber noch eine weitere Welt: Die Welt hinter den Formen. Wenn eine Form der Welt hinter den Formen entspringt, also eine aus dieser Welt resultierende Manifestation ist, ist sie authentisch, echt. Sie ist mit Wahrheit unterfüttert und wirkt dementsprechend in der Welt der Formen.

Wenn eine Form nur dem Denken, einer Überlegung oder einer Handlung entspringt, hat sie auch ihren Ursprung in der Welt der Formen, denn Denken, Überlegungen und Handlungen sind Formen. So eine Form hat kein Fundament in der Welt hinter den Formen. Ich nenne sie deshalb “Fake-Form”.

Ob eine Form also eine authentische Form oder eine Fake-Form ist, hängt nicht von ihrer Art, sondern von ihrer Quelle ab. Die Architektur eines Hauses zum Beispiel kann ausschließlich einem Gedanken, einem Konzept entspringen oder auch der Welt hinter den Formen.

Wenn die Architektur eines Hauses einem Gedanken entspringt, wird es leer sein, «keine Seele haben», wenn sie der Welt hinter den Formen entspringt hat es Substanz, ist nicht nur Form. Das wird jeder, der das Haus betritt, sofort spüren und als äußerst angenehm wahrnehmen.

Das ist es auch, was jede Art von Kunst ausmacht. Kann man hinter dem, was manifest sichtbar ist, die Welt hinter den Formen spüren? Das geht nur, wenn das Manifeste eben dieser Welt entspringt.

Die Welt hinter den Formen lässt sich nur im Fühlen erfassen; nur im Fühlen lässt sich Kontakt zu ihr aufnehmen. Wer nicht fühlt und nur denkt, lebt ausschließlich in der Welt der Formen.

Was in der Welt hinter den Formen gerade passiert, was in ihr wahr ist, die energetische Qualität, ändert sich ständig. Wenn eine Form authentisch bleiben will, muss sie sich also immer wieder an die wahre Welt anpassen. Eine Form kann von einer authentischen Form zu einer Fake Form werden, wenn sich in der Welt hinter den Formen die energetische Wahrheit verändert. Die Unterfütterung in der Welt der Formen fällt dann weg.

Worauf ich hinaus will, mit all meiner Kraft und Leidenschaft, ist: Die Worte «ich liebe Dich» auszusprechen ist eine Handlung, und somit eine Form in der Welt der Formen. Die Tatsache «ich liebe Dich» aber existiert in der Welt hinter den Formen, denn Liebe ist keine Form. Wenn Du in einem Moment “ich liebe Dich” sagst, in dem in der Welt hinter den Formen gerade gar keine Liebe vorhanden ist, sind Deine Worte eine Fake Form.

Kinder leben in der Welt hinter den Formen. Sie nehmen sie wahr, spüren sie. Es gibt wenig Schlimmeres, was Du ihnen antun kannst, als eine Divergenz zwischen Deinen Worten und der Wahrheit in der Welt hinter den Formen. Ein Fake Wort. Oder ein Fake Satz. Dann können sie Dir nicht vertrauen. Sie spüren, dass dieser Satz nicht unterfüttert ist, nicht ihrer intuitiven Wahrnehmung entspricht. Wenn sie Dir nicht vertrauen können, sind sie ungeschützt, bedroht und einsam.

In der Welt hinter den Formen.

Niemand, schon gar nicht ein Kind, will einsam sein. Also verlässt es die Welt hinter den Formen und geht in die Welt der Formen, um vielleicht dort seinen Eltern begegnen zu können.

Nur ist die Welt der Formen auch die Welt der Dualität, der Trennung, niemand kann sich hier begegnen. Das höchste, was man hier erreichen kann, ist Einigkeit, Übereinstimmung von Meinungen.

Das ist kein Kontakt, keine Beziehung. Wahrer Kontakt findet immer in der Welt hinter den Formen statt. Jenseits von Richtig und Falsch, Meinungen und Standpunkten.

So steht es da, das Kind, in der Welt der Formen auf der Suche nach wahrem Kontakt, wahrer Beziehung. Es fischt im Karpfenteich nach Hechten. Mit fünf Jahren. Oder vier, oder drei. 

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Siehe auch:

Das Vertrauen einer Frau zu einem Mann